„Verband HOOSY – Wir wollen all die Insellösungen aufbrechen“

Es ist ein alt bekanntes Problem bei der Digitalisierung der Profi-Küche: die Schnittstellen zum Datenaustausch zwischen verschiedenen Geräten und Tools. Ein neuer Verband will jetzt Standards etablieren. Die Internorga im März soll schon einiges Erhellendes zutage fördern.

foodservice, 14. Dezember 2023 , Christian Funk

Eine Bezahl-App hier, ein Foodwaste-Tool da, eine Self-Ordering-Lösung dort und dazwischen Warenwirtschaftssystem, Hygienemanagement, intelligente Küchengeräte und das gute alte Kassensystem. Die Anzahl technologischer Lösungen, Tools und Programme in Betrieben steigt seit Jahren stetig, die Digitalisierung nimmt beim Sichern der Gastro-Zukunft eine Schlüsselrolle ein.

Doch es gibt einen Haken: der reibungslose Austausch von Daten zwischen all jenen Programmen, sprich das Übertragen von einem Programm in das andere. „Wir haben derzeit einen riesigen Daten-Knoten, den es zu lösen gilt“, erklärt Projektmanager und Fachplaner Thomas Mertens. Der bekannte Macher im Beraterverband Foodservice Consultants Society International (FCSI): „Es gibt immer den Moment, in dem Informationen von einem System in das andere übertragen werden müssen. Aber verschiedene Sprachen oder unterschiedliche Bezeichnungen für Vorgänge oder Speisen sorgen früher oder später für Chaos.“

Das will der frisch gegründete Verein Hoosy anpacken. Mit Thomas Mertens als Präsident tritt Hoosy an, um einen offenen Standard für den Datenaustausch in der Gastronomie-Branche zu etablieren. Unter dem Leitspruch „Giving Data One Voice“ sollen die Vernetzung von Geräten und Systemen erleichtert und Qualitätsstandards etabliert werden. Reduziert werde so die Abhängigkeit von einzelnen Hersteller-Plattformen, vergrößert dagegen die Wahlfreiheit bei Technologie-Lösungen.

„Unser Ziel ist es, eine Branche zu schaffen, in der Daten nahtlos und effizient zwischen verschiedenen Systemen und Geräten fließen können“, Thomas Mertens, Präsident, Hoosy

„Wir wollen all die Insellösungen aufbrechen, die am Markt existieren“, sagt Mertens. Ziel sei es, eine Branche zu schaffen, in der Daten nahtlos und effizient zwischen verschiedenen Systemen und Geräten fließen können, unabhängig vom Hersteller, oder wie Mertens formuliert „die Ketten proprietärer Systeme brechen“. Im Grunde sollen sich Unternehmen keine Sorgen mehr um Schnittstellen, Bezeichnungen oder Artikelnummern machen. Die Kommunikation zwischen verschiedenen Systemen soll viel mehr „von alleine“ laufen.

„Es gibt so viele tolle Nischenanbieter da draußen, die nur schwer am Markt Fuß fassen, weil sie davon abhängig sind, dass andere Systeme ihr Potenzial erkennen und Kosten und Aufwand einer Anbindung auf sich nehmen. Diese Hürde reduzieren wir mit Hoosy“, ergänzt Hoosy-Mitgründerin Stefanie Boeck. Sie ist Expertin für digitale Gastro-Anwendungen und ist Co-Autorin der 2022 entwickelten Gastro TechMap, die soeben in neuer Auflage erschienen ist.

Verband bündelt Experten-Know-how

Mit im Hoosy-Boot sitzen die FCSI-Mitglieder, das Lufttechnik-Unternehmen Ziehl-Abegg, die Hospitality-Messe Internorga oder das Schweizer Software-Unternehmen SBI-Group. Dessen CEO Yves-Alain Meier ist einer Mitgründer des neuen Vebands. Er bedauert, dass die Hospitality-Branche beim Datenaustausch einige Jahre hinter den Entwicklungen herhinkt: „Andere Branchen haben bereits vor Jahren einheitliche Datenstandards eingeführt. Die Finanztechnologie mit der PSD3. Oder Industrie und Handel mit Eclass. Durch das Internet of Things hat dieser Standard auch international noch einmal an Bedeutung gewonnen.“

Das macht die Initiative Eclass

Das internationale Datenstandardisierungsprojekt Eclass fokussiert sich auf Klassifizierung und einheitliche Beschreibung von Produkten und Dienstleistungen. Beteiligt an dessen Entwicklung und Pflege sind namhafte Unternehmen verschiedener Branchen. Sie wollen damit eine branchen- und länderübergreifende Kommunikation ermöglichen. So zählen genauso BMW, Bayer oder Bosch zu führenden Mitgliedern, wie auch Audi, BASF oder Siemens. „An Eclass docken wir an“, erklärt Meier. „Die Initiative ist als Industriestandard in vielen Wirtschaftszweigen anerkannt, nur noch nicht in der Hospitality.“ Mit Hoosy mache man sich nun auf diesen Weg, sowohl Universallösungen und -schnittstellen wie auch ein Zertifikat an, wie Yves-Alain Meier erklärt. Hoosy führt künftig die „Expert Group Hospitality“ bei Eclass.

„Das Gute ist, dass Eclass bereits 80 Prozent der Arbeit für Universallösungen gemacht haben. Wir können beim Erarbeiten etwa einer Schnittstelle in der Hospitality auf deren Fundament aufbauen“, erläutert Thomas Mertens. „Sie müssen sich den Datenstandard von Eclass wie eine Art semantische Landkarte vorstellen, an der sich Programmierer orientieren können. Im Grunde nutzen wir das Eclass-System und setzen Hospitality obendrauf.“

Hackathon auf der Internorga

„Die Vernetzung, wie man sie etwa von Smart Home kennt, wird auch in den Großküchenbereich gelangen. Und wir wollen mit unserem Hoosy-Zertifikat ein Signal senden. Eine Art Gütesiegel für technologieoffene Kommunikation zwischen zwei oder mehreren Systemen“, erläutert Mertens. Hersteller und Systemlieferanten sind eingeladen, ihre Datenschnittstellen von Hoosy überprüfen und mit dem Hoosy-Siegel für höchsten Standard in Bezug auf Offenheit und Zusammenarbeit auszeichnen zu lassen. Das als Unionsgewährleistungsmarke registrierte Siegel, soll das Vertrauen in die verwendeten Systeme und Geräte stärken und Nutzern so die Wahl der Technik-Partner erleichtern. Einen ersten großen Schritt geht der Verband auf der kommenden Internorga. „Da veranstalten wir einen Hackathon. Innerhalb von 36 Stunden wollen wir dann einen ersten Prototyp einer Universal-Schnittstelle programmieren, auf die dann alle zugreifen können“, verrät Meier..